Programm und Prioritäten

 

Griechenland wird die Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union --die fünfte seit seinem Beitritt-- in der ersten Hälfte des Jahres 2014 übernehmen und den Staffelstab in Italien am 1. Juli 2014 übergeben.

Mehr über die vorangegangenen Ratspräsidentschaften Griechenlands.

Griechenland übernimmt den Ratsvorsitz an einer kritischen Übergangsphase der Europäischen Union. Die Wirtschaftskrise forderte eine restriktive Finanzpolitik, um bestimmte strukturelle Mängel an der Architektur der EWU zu beseitigen sowie um die finanzielle Stabilität und allmähliche Rückkehr zu nachhaltigen Staatsfinanzen zu sichern. Das Ausmaß und die Intensität der Krise wie auch die daraus resultierende Rezession haben jedoch das Vertrauen einer beträchtlichen Anzahl von europäischen Bürgern an den EU-Institutionen unterminiert. Auch die Fähigkeit der EU eine zuverlässige und wirksame Politik zu implementieren, um Wachstum und Wohlstand zu sichern, wurde in Frage gestellt. Gleichzeitig hatte die strikte Haushaltspolitik erhebliche Auswirkungen auf den sozialen Zusammenhalt besonders in Ländern, die von der Krise schwer betroffen waren.

Um diese negative Dynamik zu stoppen und umzukehren, ist an erster Stelle Europa aufgerufen, durch Anstrengungen zur Förderung des Wachstums und der Wettbewerbsfähigkeit das Vertrauen der Bürger wiederherzustellen. Um dies zu erreichen sind folgende Initiativen erforderlich:

  • Maßnahmen zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion, die die  finanzielle Stabilität sichern werden
  • Eine Revision der Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
  • Maßnahmen zur Stärkung der Synergien zwischen Migration und Wachstum
  • Maßnahmen, die Liquidität, Marktfähigkeit und Bonität wiederherstellen und zur Belebung der kleinen und mittleren Unternehmen beitragen
  • Maßnahmen zur Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts
  • Maßnahmen  zur Festigung und Vertiefung der Vollendung der WWU
  • Maßnahmen zum Begegnen von außenpolitischen Herausforderungen
  • Förderung der Erweiterung der EU.

Die bevorstehende Wahl neuer Mitglieder des Europäischen Parlaments in der ersten Hälfte des Jahres 2014 stellt einen weiteren Faktor, der den Rahmen dieser Präsidentschaft bestimmt.

 

Die Prioritäten der griechischen Ratspräsidentschaft 2014

Die Leitlinien der griechischen Ratspräsidentschaft kann man folgendermaßen zusammenfassen:

  1. Engere Bindung der Gesellschaft und der Bürger an die Europäische Union durch Maßnahmen und Initiativen, die ihre Alltagsprobleme, Unsicherheiten und Sorgen berücksichtigen. Unsere Anstrengungen werden sich auf wirtschaftlichen Aufschwung, Beschäftigung, Kohäsion, Mobilität der Bürger innerhalb der EU und europäische Sicherheit konzentrieren. Am Ende soll eine Gemeinschaft entstehen, deren Bürger Werte und Schicksale teilen, während das europäische soziale und wirtschaftliche Modell erhalten und gestärkt wird.
  2. Vertiefung der Union, insbesondere der WWU, durch die Förderung von Maßnahmen und Gesetzesvorhaben zur Beseitigung von spezifischen Mängeln der Grundstruktur der Eurozone, die die letzte Krise aufgezeigt hat. Ziel ist die Erhaltung der Integrität der Währung auf einer soliden und nachhaltigen Basis, um finanzielle Stabilität zu gewährleisten. Dabei soll die Vertiefung der WWU unter Beachtung der Grundsätze des Europäischen Binnenmarktes, aber auch offen gegenüber der nicht zur Eurozone gehörenden Staaten, stattfinden.
  3. Stärkung der demokratischen Legitimität und Rechenschaftspflicht der EU durch den Aufbau von Gemeinsamkeit und Solidarität zwischen den EU-Staaten sowie den Ausbau der Europäischen Demokratie und der Bürgerrechte.

 

Entwicklung - Beschäftigung - Kohäsion

In Zeiten hoher Jugendarbeitslosigkeit in den meisten EU-Mitgliedstaaten stellt die Rezession eine ständige Bedrohung für die europäischen Wirtschaften dar. Wachstum ist daher von überragender Bedeutung für die griechische Ratspräsidentschaft, die die Bewältigung der Rezession als ein für alle EU-Staaten gemeinsames Ziel fördern wird.
Aus griechischer Sicht sind Beschäftigung und Entwicklung strukturell untrennbar miteinander verbunden. In diesem Rahmen sind Initiativen und gezielte Maßnahmen zur Eindämmung der Arbeitslosigkeit und Schaffung neuer Arbeitsplätze dringend erforderlich, um das Phänomen des „jobless growth“ zu vermeiden.

Das richtige Gleichgewicht zwischen Haushaltskonsolidierung und Politiken zur Förderung des Wachstums (Pakt für Wachstum und Beschäftigung [gr]) ist das Kriterium für die weitere Entwicklung der EU, um die Kohäsion der nationalen Wirtschaftspolitiken und somit auch der europäischen Gesellschaften zu erreichen. Diese Kohäsion, welche eine weitere Priorität der Griechischen Ratspräsidentschaft darstellt, ist das Fundament für eine weitere Vertiefung der EU.
Hauptziel ist die Rückkehr zu tragfähigen öffentlichen Finanzen bei gleichzeitiger Förderung der Beschäftigungspolitik. Dies könnte erreicht werden durch die verstärkte Durchführung der Europäischen Strategie für Wachstum und Beschäftigung, die Förderung der Beschäftigungspolitik, die Verbesserung des Zugangs der KMU zu Finanzierungsmöglichkeiten u. a. durch die Priorisierung der Umsetzung des EIB-Investitionsplans.
Die EIB, die die Unterstützung und das Vertrauen der EZB genießt, kann eine gewichtige Rolle in Bezug auf arbeitsaufwändige Projekte (z. B. Projekte für KMU, Basisinfrastruktur, Energie und Klima) spielen.

Die Griechische Ratspräsidentschaft begrüßt das neue EIB-Mandat für den EIF in einer Höhe von bis zu 4 Milliarden Euro und wird die Kommission und den EIB in ihren Bemühungen zur Erhöhung der EIF-Kapazitäten unterstützen. Ziel ist eine endgültige Einigung bis Mai 2014.
Die griechische Ratspräsidentschaft wird darüber hinaus alle Möglichkeiten zur Finanzierung der Realwirtschaft prüfen. Dies gilt insbesondere für die KMU durch Förderung der Diskussion über die Finanzierung des Wachstums durch alternative Finanzierungsquellen mit längeren Laufzeiten.
Dabei ist es wichtig den Dialog über solche Themen in Gang zu bringen, welche über ein hohes Wachstumspotenzial bei gleichzeitiger Schaffung von Arbeitsplätzen (durch Innovation, Dienstleistungen, Transport, Schifffahrt und Touristik) verfügen.

Die Zwischenbewertung der Strategie „Europa 2020“, die im Europäischen Rat im Frühling 2014 beginnen wird, bietet dafür sowohl den geeigneten Rahmen als auch die Möglichkeiten für konkrete Maßnahmen. Ein erster –wenn auch nicht ausreichender– Schritt wurde im Juni 2013 vom Europäischen Rat unternommen, als die Europäischen Staatsoberhäupter den Beschluss fassten, die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen und gleichzeitig die gemeinsame Initiative von EIB und EU-Rat zur Finanzierung der KMU zu unterstützen.

Vertiefung der EU - Integration der Eurozone

Die Vertiefung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (WWU), die Wiederherstellung der Finanzstabilität sowie die Rückkehr zum Wachstum wird für die rotierenden Ratspräsidentschaften –einschließlich der griechischen– auch in den kommenden Jahren eine wichtige Priorität bleiben. Dieser Prioritätsbereich muß bei gleichzeitiger Achtung der Integrität des europäischen Binnenmarktes weiterentwickelt werden.

In diesem Rahmen wird der Fortschritt in folgenden Bereichen vorangetrieben:

  • Förderung der Bankunion durch die Annahme des einheitlichen Mechanismus zur Bankenabwicklung (SRM) vor Ende der gegenwärtigen Wahlperiode.
  • Implementierung der neuen Mechanismen der wirtschaftlichen Ordnungspolitik (sog. Economic Governance) für die EU/Eurozone, so dass Synergien für Wachstum und Beschäftigung zwischen den Mitgliedsstaaten entwickelt werden. Darüber hinaus werden Diskussionen über Gründung Europäischer Partnerschaften für Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerb gefördert.
  • Wir werden uns bemühen, die Basis für eine prosperiende WWU zu schaffen, indem wir das richtige Gleichgewicht zwischen Solidarität und Stabilität anstreben. Diese neue Eurozone soll der Instabilität und Unsicherheit, welche besonders in der „Peripherie“ herrschen, beenden.
  • Besondere Bedeutung wird der sozialen Dimension der EU als einer der Pfeiler für ihre Vertiefung beigemessen. Zum ersten Mal wird 2014 die soziale Dimension der WWU in das Europäische Semester integriert.

Gleichzeitig sollen institutionelle Strukturen geschaffen werden, die zur Sicherstellung von Transparenz, Rechenschaftspflicht und Repräsentativität für alle EU-Bürger beitragen wird.

Migration - Grenzen - Mobilität

Das prekäre Klima in der europäischen Peripherie in Kombination mit dem Weiterbestehen jener Faktoren, die Migrationsströme in der EU verursachen, wirkt gegen die Reformbemühungen, die von der EU gegen die Finanzkrise unternommen werden; dabei verstärkt es den Druck auf die Mitgliedstaaten und zwar ganz besonders auf diejenigen an den Außengrenzen der EU, die an tiefer Rezession und Arbeitslosigkeit leiden.

In diesem Zusammenhang wird sich die griechische Präsidentschaft bemühen, die positiven Effekte der Bewältigung dieses heiklen Problems hervorzuheben und sie in den Dienst des Wachstums zu stellen. Sie wird versuchen, alle Dimensionen der Einwanderungspolitik als einen von der EU einheitlich geplanten Ansatz (EU’s Global Approach to Migration) aufzuzeigen. Parallel dazu werden Maßnahmen ergriffen, um die negativen Auswirkungen der illegalen Migration auf die Wirtschaft, die soziale Kohäsion und die politische Stabilität zu eliminieren.
Konkret wird Folgendes angestrebt:
Seit Anbeginn im Jahre 2005 ist der Globale Ansatz der maßgebende Rahmen für die Außenbeziehungen sowie die Migrations- und Asylpolitik der EU. Der erneuerte Globale Ansatz für Migration und Asyl konzentriert sich auf vier operative Prioritäten: i) bessere Organisation der legalen Migration und Förderung der gut gesteuerten Mobilität  ii) Verhütung und Bekämpfung der illegalen Einwanderung sowie Beseitigung des Menschenhandels iii) Maximierung der positiven Auswirkungen der Einwanderung und der Mobilität iv) Förderung des internationalen Schutzes sowie Stärkung der internationalen Dimension des Asyls.

Die Schaffung eines Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist und bleibt auch für die Zukunft eines der Hauptziele der EU. Da Europa heute vor vielschichtigen Herausforderungen steht, ist es dringend erforderlich, die gemeinsame Politik auf den Gebieten Justiz und Inneres auszubauen. Eine solche gemeinsame Politik muß auf echter Solidarität, gemeinsamer Verantwortung und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten beruhen.

Das Meer

Griechenland, ein Land mit langjähriger Tradition in der Seefahrt, ist sich der Dynamik der maritimen Tätigkeiten bewußt und kennt die großen Chancen, die sich dabei für die Wirtschaft der EU insgesamt eröffnen. Darüber hinaus ist die Behandlung von Sicherheitsproblemen von besonderer Bedeutung, da sie die ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Meeresgrenzen der EU voraussetzt.
In diesem Zusammenhang führt Griechenland eine horizontale Thematik, die der Meerespolitik, ein,  die in allen drei Prioritäten der Ratspräsidentschaft präsent sein wird.

Der Leitgedanke dieser Thematik ist es, die EU-Meerespolitik neu zu definieren,  d.h. einen Neustart in allen Bereichen einzuleiten. Die Arbeit früherer Ratspräsidentschaften –insbesondere derjenigen Zyperns (s. Limassol-Erklärung  2012)– wird fortgesetzt und kombiniert mit der sicherheitspolitischen Dimension, die in der bevorstehenden Mitteilung des EAD über die Europäische Strategie für die Sicherheit des Seeverkehrs behandelt wird
Ziel ist es die Annahme vom EU-Rat im Juni 2014 eines Textes über Meerespolitik unter besonderer Berücksichtigung von Sicherheit, Wachstum und Energie.

In diesem Zusammenhang wird sich die griechische Präsidentschaft darum bemühen, folgende Aktionen voranzutreiben:

  1. Integrierte Meerespolitik der „Agenda für meerespolitische Fragen, Wachstum und Beschäftigung“. Die griechische Präsidentschaft wird die Initiativen der EU-Kommission vorantreiben, wie diese in „Blaues Wachstum, Chancen für nachhaltiges maritimes Wachstum“ dargelegt werden (Beitrag der Integrierten Meerespolitik zur Erreichung der Ziele der Strategie „Europa 2020“ in Fortsetzung der Erklärung von Limassol und der Schlußfolgerung des RAA, Dezember 2012). Der Entwurf für eine Integrierte Meerespolitik, der im Juni 2014 verabschiedet werden soll, enthält Bezugnahmen auf alle relevanten Themen: Blaue Energie, Aquakultur, Kartierung des Meeresbodens, Nutzung der Meeresbodenschätze, blaue Biotechnologie sowie Umweltfragen und Insellage. Darüber hinaus kann die Dimension der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit am Meer als Priorität dem Entwurf unter Hervorhebung der Maßnahmen zur Förderung der Forums Europäische Küstenwachdienste hinzugefügt werden (vgl. Nr. 6 unten)
  2. Maritime Raumplanung. Die griechische Präsidentschaft wird entscheidend zur Annahme der vorgelegten Direktive der EU-Kommission beitragen, die die Verbesserung der maritimen Raumplanung und des integrierten Managements der Küstengebiete der Mitgliedsstaaten beinhaltet.
  3. Seeverkehrspolitik der EU. Ausgehend von der Bedeutung des Seeverkehrs für die Belebung der europäischen Wirtschaft und seines Gesamtbeitrags zum EU-Wohlstand ist unser Ziel die einschlägige EU-Strategie nach den jüngsten Entwicklungen (boomende asiatische Märkte, Entwicklungen im maritimen Markt) bis zum Jahr 2018 zu aktualisieren. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß gemäß der Schlussfolgerungen des Rates im März 2009 die Mitgliedsstaaten eine Halbzeitbewertung bis zum Ende des Jahres 2013 von der Kommission beantragt haben, wird besonderes Gewicht auf die Schlussfolgerungen des Rates über die Seeverkehrspolitik gelegt (Halbzeitbewertung
  4. EU-Strategie für das Gebiet der Adria und des Ionischen Meeres (EUSAIR). Die Umsetzung der Schlussfolgerung des Europäischen Rates vom Dezember 2012 –es wurde die Vorbereitung einer Strategie für die Makroregion der Adria und des Ionischen Meeres beschlossen– leitete die EUSAIR ein. Wachstum der maritimen Wirtschaft, Transport, Umweltschutz und Tourismus bilden die vier Säulen der EUSAIR. Die Kommission wird voraussichtlich den Kommunikations- und Aktionsplan annehmen und diese dem Rat bis zum Juni 2014 vorlegen. Die griechische Präsidentschaft betrachtet die EUSAIR als eine Priorität und wird für ihre Förderung eine Konferenz von Interessengruppen organisieren.
  5. Europäische Strategie für die Gefahrenabwehr in der Schifffahrt (MSS). Die Vorbereitungen für eine gemeinsame Mitteilung von Europäischer Kommission und Europäischem Auswärtigen Dienst (EAD) sind bereits im Gange (soll Anfang 2014 vorgelegt werden). Die gemeinsame Mitteilung wird sich voraussichtlich sowohl mit inneren als auch mit äußeren Aspekten der Sicherheit zur See befassen. Eine aktuelle EU-Strategie für die Sicherheit zur See dürfte während der griechischen Präsidentschaft angenommen werden (EU-Rat Juni 2014)
  6. Zusammenarbeit der Küstenwachdienste. Es ist unser Ziel, dass das Problem in den Schlussfolgerungen des Rates über die Integrierte Meerespolitik festgehalten wird. Die auf der 5. Plenarsitzung des Forums Europäische Küstenwachdienste 2012-2013 unter griechischem Vorsitz angenommenen Schlussfolgerungen unterstrichen die Notwendigkeit einer besseren Zusammenarbeit auf diesem Gebiet.
  7. Meeres- und Küstentourismus. Die EU-Kommission arbeitet derzeit an einer Mitteilung über die EU-Strategie für den Meeres- und Küstentourismus. Die griechische Präsidentschaft wird alle Initiativen unterstützen, die auf diesem Gebiet ergriffen werden, sie wird u. a. eine Konferenz auf hoher Ebene zum Meeres- und Küstentourismus veranstalten.
  8. Migration im Meer. Sie ist eine besonders sensible Angelegenheit aufgrund ihrer herausragenden Bedeutung für die europäische Sicherheit. Unser Ziel ist es, für die Bedeutung dieses Problems im Rahmen der dritten Priorität der griechischen Präsidentschaft (Migration, Grenzen, Mobilität) zu werben.